Leinen- und Maulkorbpflicht für wildernde Hunde

Leinen- und Maulkorbpflicht für wildernde Hunde
4.4.2023 -Ordnungsamt kann empfindliche Auflagen und Bußgeldstrafen gegen Hundehalter aussprechen, die ihre Vierbeiner nicht im Griff haben.

Die Vorfälle, bei denen trächtige Rehe wildernden Hunden direkt oder indirekt zum Opfer gefallen waren, haben viele Bürgerinnen und Bürger aufgewühlt. Die Jagdpächter hatten berichtet, dass sie immer wieder gerufen werden, um ein verletztes Tier zu erlösen. „Erst am 21. März hatte ein Hund ein weibliches Reh in einen Zaun gehetzt. Es verendete“, sagt Jochen Scheiffele, Jagdpächter für Hedelfingen und auf der Wangener Höhe. Die Polizei war offensichtlich vor Ort.

Archivfoto: Mathias Kuhn
Klaus Hafenrichter aus Rotenberg erzählt von ähnlichen Ereignissen rund um den Württemberg und Götzenberg. Mit welchen Strafen müssen die Hundehalter sowie das wildernde Tier rechnen? Welche Pflichten haben Hundehalter in Feld und Flur überhaupt?, fragte eine Leserin.

Das Amt für öffentliche Ordnung gibt Antworten.

In einigen norddeutschen Bundesländern gilt von 1. April oder sogar von 15. März bis Mitte Juli allgemeine Leinenpflicht. Damit sollen Wildtiere während deren Brut- und Setzzeit geschützt werden. In Berlin und Hamburg müssen Hunde im Wald sogar ganzjährig an die Leine. Und in Baden-Württemberg? Hier gibt es keine generelle Leinenpflicht in Wäldern. Für Hundehalter ist diese Regelung jedoch kein Persilschein. „Der Hund muss sich im Einwirkungsbereich seines Halters aufhalten und auf Befehle ansprechen“, sagt Oliver Hillinger von der Pressestelle der Stadt Stuttgart. Für Stuttgart gelte zusätzlich die Straßen- und Anlagenpolizeiverordnung. „In öffentlichen Anlagen, Fußgängerzonen, an Haltestellen auf dem Neckardamm und in Menschenansammlungen sind Hunde demnach an der kurzen, maximal 1,5 Meter langen Leine zu führen.“ Also ab in Feld und Flur und Leinenfrei für Vierbeiner? Herrchen und Frauchen sollten eine Voraussetzung im Hinterkopf haben: Der Hund muss sich im Einwirkungsbereich des Halters aufhalten und auf Befehle reagieren. Dies ist offensichtlich nicht der Fall, wenn der Hund einem Wildtier nachjagt, es reißt oder in den Tod treibt.

Was sind die Konsequenzen?

Wenn der Vorfall zur Anzeige kommt, prüft das Ordnungsamt, insbesondere die Tierschutzbehörde, polizeirechtliche Maßnahmen. In der Regel werden entsprechende Auflagen an den Hundehalter und an die künftige Hundehaltung erteilt. Bevor es dazu kommt, wird der Hundehalter zum Beißvorfall gehört. Die Entscheidung liegt dann bei der Behörde. Sie entscheidet, ob der Hund als gefährlich eingestuft wird oder nicht. Als „gefährlich“ gelten Hunde, die bissig sind, in aggressiver oder gefahrdrohender Weise Menschen oder Tiere anspringen oder zu unkontrolliertem Hetzen und Reißen von Wild oder Vieh oder anderen Tieren neigen. Wenn Tiere gerissen wurden, ist dieser Tatbestand erfüllt. „Dies hat in der Regel zur Konsequenz, dass die Hunde nur noch mit Leine und einem Maulkorb versehen, ausgeführt werden dürfen“, so Hillinger. Weitere Auflagen sind denkbar: Das Führen des Hundes nur durch Personen, die körperlich in der Lage sind, den Hund zu führen und welche das 18. Lebensjahr vollendet haben. „In konkreten Einzelfällen kann das Tier auch – um weiteren Schaden zu verhindern – beschlagnahmt und in einem Tierheim untergebracht werden“, heißt es von den Experten des Ordnungsamtes.

Auch mit strafrechtlichen Folgen, Schadensersatzforderungen und empfindlichen Bußgeldforderungen müssen die Halter rechnen. Denn nach Paragraf 67 des Jagd- und Wildtiermanagements handelt vorsätzlich oder fahrlässig, wer außerhalb einer befugten Jagdausübung Hunde in einem nicht befriedeten Gebiet außerhalb seiner Einwirkungsmöglichkeit frei laufen lässt. Dies kann teuer werden: Bis zu 5 000 Euro Geldbuße sind möglich. Jagdausübungsberechtigten Personen und anerkannte WildtierschützerInnen ist es nach dem Jagdgesetz in ihrem Jagdbezirk zudem erlaubt, Hunde, die erkennbar Wildtieren nachstellen und diese gefährden, im Einzelfall zu töten. „Keiner will jedoch zu diesem letzten Mittel greifen“, sagt ein Jäger. Deswegen bitten der Deutsche Jagdverband, Natur- und Tierschützer sowie Förster die Hundebesitzer, zumindest in der Zeit, in der Wildtiere ihre Jungen aufziehen, ihre Lieblinge an die Leine zu nehmen. „Uns allen liegt das Wohl aller Tiere doch am Herzen.“  (M. Kuhn)