Archiv der Kategorie: Luginsland

Spielstadt Ratzelbach – Kinder an die Macht

Kinder an die Macht
Spielstadt Ratzelbach: 152 Kinder erleben spielerisch, wie Demokratie und Marktwirtschaft funktioniert

Untertürkheim hat eigentlich acht Stadtteile. In dieser Woche kam ein neunter hinzu: Ratzelbach. Zum 18. Mal öffnete am vergangenen Montag die Kinderspielstadt des Untertürkheimer Kinder- und Jugendhauses Café Ratz. Der Ansturm ist ungebrochen: 152 Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren hatten sich für die Projektwoche angemeldet.

Von wegen in den Ferien die Beine ausstrecken und chillen. In und rund ums Jugendhaus wurde geschuftet, die Ratzel-Wirtschaft angekurbelt, gewählt und die Geschicke der kleinen Gemeinschaft geleitet – im Kleinen, eben das was eine „echte Kommune“ ausmacht. „Die Kinder erleben in dieser Woche, was eine Stadtgesellschaft ausmacht“, sagt Spielleiterin Johanna Klein. Spielerisch lernen die jungen RatzelbacherInnen die Pflichten und Rechte als Mitglieder der Stadtgesellschaft kennen. Um Geld – Ratzel als die gültige Währung – zu verdienen, können sie sich im Ratzel-eigenen Arbeitsamt für eine freie Stelle bewerben. 22 Unternehmen stehen zur Auswahl. Von den klassischen Betrieben wie Post, Bank, Müllabfuhr, Blumengeschäft, Zeitung und Ratzel-TV über Handwerksbetriebe bis zu modernen Dienstleistungsfirmen wie Freizeitpark und Beautysalon.

„Auf eigenen Wunsch haben sich einige Ratzel-BürgerInnen sich selbstständig gemacht“, sagt Spielleiter „Chris“ Aldinger. Ein Elfjähriger bietet Popcorns an, zwei andere eine Spielbude mit Dosenwerfen und drei Start-up-Mutige das „Ratto“ eröffnet. Ihr Ratzellotto, Sportwetten und andere Gewinnspiele gehörten zu den Rennern. Der ein oder andere Ratzel-Bürger versuchte, mit etwas Glück seinen Verdienst zu steigern.

Jeden Tag erhalten die jungen StadtbürgerInnen einen Lohn. Drei Mädchen verkünsteln sich im Blumenfachgeschäft, gegenüber hämmern junge Schreiner-Lehrlinge. „Wir haben Aufträge der Firmen erledigt. Regale oder andere Möbel gebaut“, erzählt eine Junghandwerkerin. Auch die Malerwerkstatt nahm die Wünsche der Ratzel-Firmen entgegen. „Wir haben für sie Plakate gestaltet, aber auch Postkarten oder Kunstwerke gemalt“, erzählt Cecile. Im Dachgeschoss des Jugendhauses verdeckt ein grünes Laken die Wand. „Unser Greenscreen“, sagen Emilia, Moritz, Charlotte und Lilith, die Mitglieder des Ratzel-TVs. In ihrem Studio haben sie Videos über den Tagesablauf in Ratzelbach produziert, im Gelände Interviews geführt. Unter anderem mit dem Bürgermeister. Schließlich durften die Ratzel-BürgerInnen am Mittwoch ihr Stadtoberhaupt wählen – „wie im richtigen Leben“, so Spielleiter Chris. Ein Stockwerk tiefer proben junge Artisten für die tägliche Nachmittagsshow.

Im Raum daneben kommen auch Hannes und seine vorbildlich mit hohen weißen Hüten bedeckten BäckergehilfInnen ins Schwitzen. Im Minutentakt holt Bäckermeister Hannes Minipizzas aus dem Ofen. Schließlich öffnet am Freitagmittag – zum Abschluss der Ratzelbach-Woche – der gemeinsame Ratzelmarkt. Jeder Betrieb kann nochmals seine Erzeugnisse präsentieren und anbieten. Wer noch einige Ratzels loswerden will, kann sich mit Souvenirs eindecken. Alternative: Einige Ratzel spenden zur Finanzierung der abschließenden Theatershow. Clown Pierre betritt die Bühne und macht die Kinder nochmals mit Augenzwinkern auf die Eigenarten der Demokratie aufmerksam. Spielerisch und mit viel Spaß, wie während der gesamten Ratzelbach-Woche. Text und Fotos: Mathias Kuhn

Luginsland „Sie kann ja nichts für Ihren Vater“ Film am So 9.7.2023 11 Uhr im Hotel Silber

Der Film läuft am Sonntag, 9. Juli 2023, um 11 Uhr im Hotel Silber.
Zwei Frauen begegnen sich im „Hotel Silber“: Wilfriede Heß, die Tochter der Nazi-Gegnerin Gertrud Lutz geb. Schlotterbeck und Ingrid Hagenlocher-Riewe, die Tochter des Gestapo-Beamten Alfred Hagenlocher. Alfred Hagenlocher war mitverantwortlich für die Ermordung von Gertrud Lutz und fast allen Mitgliedern der „Gruppe Schlotterbeck“.Der Filmemacher Hermann G. Abmayr begleitete die Frauen 2019 mit der Kamera. Entstanden ist eine beeindruckende Dokumentation dieser Begegnung und der Gespräche.
Zur ersten öffentlichen Vorführung des Films sind Wilfriede Heß, Ingrid Hagenlocher-Riewe und Hermann G. Abmayr im „Hotel Silber“ zu Gast. Der Trailer zum Film ist hier zu sehen.

Kooperationspartner*innen: Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e. V.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos.
Wir bitten um Anmeldung unter veranstaltungen-hs@hdgbw.de. 

Zu sehen ist die 30-minütige Dokumentation „Sie kann ja nichts für Ihren Vater“ am Sonntag, 9. Juli 2023, um 11 Uhr im Hotel Silber. Die Veranstaltung ist kostenlos. Wilfriede Heß, Ingrid Hagenlocher und Filmemacher Herrmann Abmayr werden anwesend sein.
>>Hotel Silber, Dorotheenstraße 10, 70173 Stuttgart<<

Siehe dazu auch: Das Gespräch mit Ingrid Hagenlocher im Hotel Silber

NaturFreunde – Haben die Wälder und Indigenen Amazoniens eine Überlebenschance? 30.6.2023

Haben die Wälder und Indigenen Amazoniens
eine Überlebenschance?
–  Freitag, 30.6.2023  19:30 Uhr


Gerd Rathgeb vom Verein POEMA e.V. Stuttgart berichtet über die
Partnerschaftsarbeit von POEMA in Amazonien und die soziale und
ökologische Situation nach den Präsidentschaftswahlen Brasiliens
im Oktober 2022. Bedrohte Regenwälder, Klimawandel und Existenzgefährdung der Indigenen. Wie sind wir im globalen Norden an der Misere beteiligt und was können wir tun, damit eine Wende
zum Besseren möglich wird.

NaturFreunde Untertürkheim/Luginsland
Alte Gartenstadtkirche Luginsland
19:30 Uhr – Ort: Konfirmandenraum (Barbarossastr. 52)

Friedrich Schlotterbeck – Lesung und Lieder für den Widerstandskämpfer am 14.6.2023

Erinnerungen an Friedrich Schlotterbeck
Lesung und Lieder von Schauspieler Christof Hofrichter für den Widerstandskämpfer aus Luginsland.
Friedrich Schlotterbeck Foto: Archiv Enslin

Vor 90 Jahren – 1933 – taten sich einige mutige Stuttgarter-Innen rund um die Familie Schlotterbeck aus Luginsland zusammen, um gegen die Politik der Nazis Widerstand zu leisten. Sie agierten unter größter Gefahr und riskierten ihr Leben. 1944 wurden fünf Angehörige der Familie Schlotterbeck und weitere Stuttgarter Widerstands-kämpfer von der Gestapo verhaftet und am 30. November 1944 in Dachau ermordet.

Als Einziger überlebte Friedrich Schlotterbeck. Ihm gelang die Flucht in die Schweiz. Später veröffentlichte er die bewegende Biografie „Je dunkler die Nacht, desto heller die Sterne“ Dort berichtet er über sein Leben im Widerstand und in der Gefangenschaft.

Der Schauspieler und Obertürkheimer Bezirksbeirat Christof Hofrichter erinnert am Mittwoch, 14. Juni 2023, um 19 Uhr in Waldheim Clara Zetkin in Sillenbuch an die Untertürkheimer Persönlichkeit, die noch bis 1979 lebte. Hofrichter liest aus der Lebensgeschichte von „Frieder“ Schlotterbeck und begleitet den Abend mit Liedern aus der sozialistischen Arbeiterbewegung, von Kurt Tucholsky und Franz-Joseph Degenhardt. Michael Horlacher gibt zu Beginn einen kurzen Einblick über das Leben und den Kampf von Friedrich Schlotterbeck.
————-Text: Mathias Kuhn —————–
Waldheim Clara Zetkin in Sillenbuch, Gorch-Fock-Straße 26, 70619 Stuttgart