Nachtschicht-Gottesdienst mit Mariele Millowitsch und Walter Sittler

Stunden der Liebe

Lesung und Nachtschicht-Gottesdienst mit Mariele Millowitsch und Walter Sittler in der Andreaskirche

Um Glück, Zufriedenheit und Liebe ging es in den Nachtschicht-Gottesdiensten bereits oft. Aber so viel Liebe, wie am Samstagabend gab es in der Andreaskirche wahrscheinlich noch nie. Die Fernsehstars Mariele Millowitsch und Walter Sittler waren zu Gast: zuerst mit einer Lesung aus Elke Heidenreichs und Bernd Schroeders Buch „Alte Liebe“ und nach einer kurzen Pause dann im Nachtschicht-Gottesdienst zum Thema Sehnsucht nach Liebe. Die ZuschauerInnen erlebten ein doppeltes Liebesvergnügen – zunächst heiter, rührend, melancholisch-stimmend und im Gottesdienst dann nachdenklich, aufrüttelnd, geistreich. Kurzum: die perfekte Mischung – Stunden, die ans Herz gingen.

Lesung über “Alte Liebe” mit Mariele Millowitsch und Walter Sittler in der Andreaskirche Obertürkheim.

 Szenen einer Ehe

Premiere für Schauspiel-Profi Mariele Millowitsch: „Erstmals betritt sie aus einer Sakristei auf die Bühne“, kündigte Pfarrer Ralf Vogel die Kölnerin an. Unter dem Kreuz der Andreaskirche standen zwei Tische mit je einem Lämpchen. Bühne frei für Deutschlands beliebtestes Fernsehpaar: Denn die TV-Kommissarin kam nicht allein. Ihr langjähriger Schauspiel-Partner Walter Sittler nahm auf dem Stuhl vor dem zweiten Tisch Platz, schenkte sich ein Bier ein und schlüpfte damit in die Rolle von Harry. Die Lesung begann. Szenen einer Ehe. Seit 40 Jahren ist Harry mit Lore – verkörpert durch Millowitsch – verheiratet. In den Dialogen wird schnell klar: Die Beiden wohnen zusammen, haben eine gemeinsame Vergangenheit und eine gemeinsame Tochter, aber im Laufe der Jahre unterschiedliche Interessen entwickelt. Sie leben miteinander nebeneinander her: Lacher und Schmunzler im Publikum, als sie über die anstehende Hochzeit der Tochter reden, oder als der eine über die kleinen Unzulänglichen des Anderen erzählt. Die Liebe ist zwar geschrumpft. Aber es ist bewegend zu erleben, wie sie beim Hochzeitsfest der Tochter wieder ihre Gefühle füreinander entdecken, auf den Partner eingehen und ihn überraschen. „Es ist eine Komödie mit einem tragischen Moment“, sagt Millowitsch im anschließenden Nachtschicht-Gottesdienst zum Thema Sehnsucht nach Liebe. „Denn die Liebe hört niemals auf“, zitieren die KonfirmandInnen dazu das Hohelied des Paulus.

Das Trio Berta Epple untermalte den Nachtschicht-Gottesdienst und sorgt für ein fulminantes Finale.

Mit Worten Liebe verbreiten

Und wie sieht es mit den Sehnsüchten beim Traumpaar der deutschen TV-Geschichte aus? „Liebe ist ein schweres Wort“, findet Sittler. Ihm komme das Bibelzitat „Lieben den Nächsten wie Dich selbst“ in den Sinn. Voraussetzung für diese Nächstenliebe sei, dass man sich zuerst selbst möge. Dies sei kein Geschenk, sondern erfordere eigenes Zutun. „Wir müssen uns selbst so annehmen, wie wir sind und jeden annehmen, wie er ist.“ Diese Sehnsucht nach dieser „inneren Freiheit“ empfinde auch sie, bestätigte Millowitsch. Jeder könne dazu beitragen, etwas Liebe in die Welt zu tragen. „Selbst im Kleinen, beispielsweise indem ich nach meinem Nachbarn schaue oder mich sozial engagiere.“ Mit Sorge beachten die Beiden dagegen, wie die Sprache radikalisiert wird. „Man kann mit Worten auch Menschen umbringen. Wir müssen stattdessen mit der Sprache Liebe verbreiten und dürfen den Humor nicht verlieren“, warnen die Sprach- und Schauspielkünstler. Auf das Stück „Alte Liebe“ bezogen, hält Sittler es in Partnerschaften für wichtig, dass man „seinem Partner immer nahe bleibt und auch selbst Nähe zulässt.“

Nach dem Nachtschicht-Gottesdienst: Walter Sittler, seine Frau, die Regisseurin Sigrid Klausmann, Mariele Millowitsch und Pfarrer Ralf Vogel (von links).

Nachtschicht-Ausklang mit TV-Stars

Nähe ließen die Beiden – nach einem vielumjubelten musikalischen Finale durch das Trio „Berta Epple“ –beim gemütlichen Ausklang mit Nachtschichthäppchen und guten Tropfen zu. Mit viel Empathie signierten sie Bücher, standen für Selfies bereit und plauderten locker mit den Fans. Mit dabei: Sittlers Gattin Sigrid Klausmann. Die Regisseurin hat einen Film über das Leben ihrer über 90-jährigen Mutter und deren Liebe zu ihrem nach 64 gemeinsamen Ehejahren verstorbenen Mann gedreht.

Nachtschicht-Kino über Sehnsucht nach verstorbenen Gatten

Am Dienstag, 13. und Mittwoch, 14. Juni 2023, wird dieser bewegende Dokumentarfilm als „Nachtschicht-Kino“ jeweils um 19.30 Uhr in der Obertürkheimer Kinothek zu sehen sein. Die Filmemacherin und ihr schauspielender Mann werden an beiden Abenden im Kino sein und sicher wieder mit den KinogängerInnen sprechen.
Reservierung unter der Telefonnummer 9189640 und auf der Homepage der Nachtschicht: www.nachtschicht-online.de
Text und Fotos: Mathias Kuhn