Begehung der Bezirksbeiräte und Anlieger im Dürrbachtal

„Ohne Feldweg gibt es keine Flurbereinigung“
Begehung der Bezirksbeiräte und Anlieger im Dürrbachtal – Kritik am breiten Erschließungsweg auf dem Grenzwandel
Ende Januar hatte die Stadt Stuttgart ihr Konzept zur Flurneuordnung am Südhang des Wangener Berges vorgestellt. Es betrifft überwiegend Grundstücke im Rohracker Dürrbachtal. Das Konzept stößt jedoch vor allem bei Grundstücksbesitzern auf Widerstand. Die Gegner haben eine Interessensgemeinschaft gebildet. Kritik entzündet sich vor allem am Ausbau des historischen Grenzwandels zu einem befestigten Feldweg. Bei der durch das Bezirksamt organisierten Begehung tauschten die Fachleute der Flurbereinigung und des Stadtplanungsamts ihre Ideen mit den Anliegern und den Bezirksbeiräten aus.
„Aus zwei Gründen schlagen wir die Flurneuordnung vor“, sagte Wolfgang Maier vom Amt für Stadtplanung. Die Nutzung der Flächen ginge zurück. Viele Grundstücke verwildern. Deswegen wolle die Stadt mit der Neuordnung verbuschte Grundstücke aufwerten. Sie sollen mit Schafen oder Ziegen beweidet werden, um offenere Landschaften und ökologisch wertvolle Übergänge von Wald zu Offen-Landschaften zu schaffen.
Ausgleichsflächen für bauliche Eingriffe
Willkommener Zweiteffekt: Um städtebauliche Eingriffe in die Natur wie im Rosensteinquartier ausgleichen zu können, benötigt die Stadt Kompensationsflächen. Sie sind rar. Als optimalen Bereich haben die Stadtplaner den Hang im Dürrbachtal ermittelt. „Eine sinnvolle Beweidung setzt aber zusammenhängende, große Flächen voraus. Die Flurneuordnung soll diese Voraussetzungen schaffen“, so Maier. Auch aus den Reihen der Rohracker Wengerter sei zudem der Wunsch nach einem befahrbaren Weg an die Stadt herangetragen worden. Er soll deren schwere Arbeit in den Steillagen erleichtern.
Andenken an Ahnen bewahren
Das erste Grobkonzept sieht einen 2,5 bis drei Meter breiten, „befestigten Feldweg“ entlang des Grenzwandels vor. Gegen diese „Straße“ laufen die Gegner Sturm. „Die Wandel wurden von der Stadt vor wenigen Jahren mit viel Geld restauriert. Sie sind ein Teil unserer Geschichte. Sie sind die Pfade unserer Ahnen. Jetzt sollen sie geopfert werden, damit sie mit SUVs befahren werden können“, mahnte der Rohracker Wengerter Sebastian Schiller mehr Kulturbewusstsein ein. Das Gebiet habe für die Rohracker Bevölkerung einen hohen Erholungswert. Es zeichne sich durch eine Vielfalt unterschiedlicher Vegetationsflächen aus, das unter der Neuordnung leiden werde, fürchtet eine Rohrackerin. „Wieso muss dies zuerst kaputt gemacht werden, um eine Kulturlandschaft zu erhalten?“
Auch Grünen-Bezirksbeirat Eberhard Schweizer stellt das Projekt in Frage. Seit der Pandemie hätten hier junge Familien Grundstücke erworben und nachhaltig bearbeitet. „Es ist nicht sinnvoll, alles abzuräumen und es bringt auch nicht viele Ökopunkte.“
Keine Kosten für Grundstücksbesitzer
Gerd Holzwarth versuchte, mit Fakten die teilweise emotionale Debatte zu versachlichen. Er leitet im Landratsamt Rems-Murr-Kreis den Fachbereich Flurneuordnung und begleitet als erfahrener Fachmann das Neuordnungsvorhaben im Dürrbachtal. „Entgegen anderslautender Gerüchte wird es keine Enteignung geben. Wir werden auch keinem Grundstücksbesitzer sein Gartenhäuschen wegnehmen.“ Auf diese kämen auch keine Kosten zu. Das Land übernehme 70, die Stadt die restlichen 30 Prozent der Investitionssumme. In einem nächsten Schritt werde man am 23. Mai die Grundstückseigentümer informieren und dann in Gesprächen die Wünsche vor Ort ermitteln. Danach werde sich zeigen, ob die Neuordnung überhaupt Sinn mache. „Wenn sich herausstellt, dass wir den Grenzwandel belassen sollen, wird es auch keine Flurneuordnung geben“, sagt Holzwarth. Im umgekehrten Fall werde ein Vorschlag erarbeitet. Erst wenn der Gemeinderat diesem zustimme, werde in die konkreten Planungen eingestiegen.

Info-Veranstaltung am 23. Mai 19 Uhr in der Alten Kelter Rohracker

Wie die Neuordnung letztendlich vollzogen wird, liege danach weiterhin in den Händen der rund 80 Grundstückseigentümer. Sie würden während des Neuordnungsprozesses eine Teilnehmergemeinschaft bilden und einen Vorstand wählen. „Dieser Vorstand entscheidet mehrheitlich.“ Ein Stichweg, wie Sebastian Schiller und Wolf-Dietrich Paul vom BUND bei der Begehung als Kompromiss zu dem asphaltierten Feldweg vorschlugen, könnte beispielsweise geprüft und realisiert werden. „Wir wollen den Grundstückseigentümern dienen“, sagt Holzwarth.
Text und Foto: M. Kuhn
https://duerrbach.org/

 

Ein Gedanke zu „Begehung der Bezirksbeiräte und Anlieger im Dürrbachtal“

Kommentare sind geschlossen.