Gesellige Krakeeler nisten am Karl-Benz-Platz

Gesellige Krakeeler nisten am Karl-Benz-Platz
Rabenkrähen besiedeln die Alleebäume – geschützte Vogelart bekämpft Schädlinge

Es ist unüberhörbar: Rabenkrähen besiedeln wieder die Bäume rund um den Karl-Benz-Platz. Die Brutzeit hat begonnen – nicht nur für die Rabenvögel mit dem herrlich blaugrün-schimmernden Gefieder, sondern auch für viele andere Singvögel. Doch Rabenkrähen müssen ihre Nester nicht verstecken. Sie suchen die Gesellschaft von Artgenossen und bauen ihre großen Nester in luftiger Höhe.
Seit vier Jahren hat sich eine immer größer werdende Kolonie auf den Alleebäumen rund um den Karl-Benz-Platz etabliert. „Saatkrähen galten lange Jahre fast als ausgerottet in Baden-Württemberg. Doch seit wenigen Jahren haben sie sich in unserer Region neu angesiedelt“, erzählt Eick. Der Vogelexperte hat mit Wohlwollen beobachtet, wie die Saatkrähen zuerst in Ludwigsburg, dann in Bad Cannstatt und im Remstal stabile Kolonien bildeten. „Offensichtlich haben sich jetzt Ableger in Untertürkheim angesiedelt“, sagt. Bereits im Februar begannen sie mit dem Bau der Nester, brachen mit ihren starken Schnäbeln Zweige von Bäumen ab, flogen die Bauteile zu ihrem Nistplatz und fädelten das Mitbringsel geschickt in ihre Wohnstube ein. Meistens wartet der Partner oder die Partnerin dort, denn Vorsicht ist geboten. Nicht selten schaut ein „neidischer“ Nachbar vorbei und will sich etwas Baumaterial abzweigen. Dementsprechend lautstark geht es in der Vogelkolonie zu.Saatkrähen gehören zu den Singvögeln, aber ihr lautes „Krääh“ kann Nachbarn nerven. „Sie krächzen bereits frühmorgens laut, hinterlassen ihren Kot auf den Autos und durchwühlen die Abfalleimer“, sagt eine Bewohnerin des Lindenschulviertels. Auf dem Daimler-Parkplatz würden in der Brutzeit deswegen kaum mehr Autos abgestellt. Auch Mitarbeiter des Mercedes-Benz-Werks Untertürkheim können ein Lied von der so genannten „Rabenplage“ singen. In der Mercedesstraße zwischen Daimler-Werkseingang und Schleyerhalle fühlen sich die schwarzgefiederten Vögel wohl. Während einer Live-Schaltung vom VfB-Vereinsgelände fühlte sich ein Sportreporter unwohl. Unnötigerweise. „Angriffe von Rabenkrähen, die ihre Nester beschützen wollen, sind nicht bekannt“, beruhigt Eick. Überhaupt gelten Saatkrähen eher als Nützlinge. „Ihr Name ist etwas irreführend. Saat gehört nicht zu ihrer Lieblingskost. Sie bevorzugen Insekten, Würmer, Engerlinge und andere für die Landwirtschaft und Weinbau meist schädliche Tiere“, so Eick. Die intelligenten Tiere haben aber auch den Zivilisationsmüll als Nahrungsquelle entdeckt.

„Mit dem Läuten der Schulglocke, das die Pause beendet, fliegen sie ein und suchen nach Überresten der Pausenbrote“, sagt der einstige Lehrer Eick. Natürlich haben die cleveren Tiere auch gelernt, Fastfood- oder Chipstüten aus den Abfalleimern auf dem Karl-Benz-Platz zu fischen. „Es sind faszinierende Tiere. Es ist erfreulich, dass sich die Population so positiv entwickelt“, sagt Eick. Als gefährdete Art dürfen Saatkrähen weder bejagt noch vergrämt oder die Nester entfernt werden. Von ihren Vettern, den Rabenkrähen, die in der Nähe des Leuze-Bades vorkommen, ist die Saatkrähe übrigens durch den grauweißen Schnabelbasis, an der – außer bei Jungvögeln – keine Federn sitzen, zu unterscheiden.
Text und Foto: Mathias Kuhn