Nachtschicht-Kino zeigt Sigrid Klausmanns bewegenden Film

Heimweh nach ihrem verstorbenen Mann
Nachtschicht-Kino zeigt Sigrid Klausmanns bewegenden Film über ihre über 90-jährige Mutter

Die Zuschauer im großen Saal der Kinothek haben am Dienstag- und Mittwochabend viel gelacht, etliche Tränen weggewischt und nach zwei Stunden zwar vielleicht etwas nachdenklich, aber mit viel Zuversicht die Obertürkheimer Kinothek verlassen.

Im Rahmen der Nachtschicht-Gottesdienstreihe wurde dort Sigrid Klausmanns Film „Leonie“ gezeigt. Die renommierte Stuttgarter Regisseurin hat ihre im Schwarzwald lebende Mutter sechs Jahr lang begleitet. Vom fröhlichen Fest zum 90. Geburtstag im Kreis der großen Familie beginnend bis zum letzten Lebensjahr. „Mit meiner kleinen Leica-Kamera haben wir bei unseren Besuchen Gespräche aufgezeichnet und meine Mutter bei Alltagsarbeiten gefilmt. Der Film war eigentlich für die Familie gedacht, aber mein Cutter hat mich überzeugt, dass er die Öffentlichkeit interessiert“, erzählt Klausmann bei der anschließenden Diskussionsrunde mit den Zuschauern.

Walter Sittler, Sigrid Klausmann und Nachtschichtpfarrer Ralf Vogel in der Kinothek. Foto: Mathias Kuhn

Entstanden ist ein Dokumentarfilm, der berührt, nachdenklich und doch hoffnungsfroh stimmt. Er berichtet nicht nur über das harte Leben des „Schwarzwaldmädels“ in einem Dorf bei Furtwangen. Leonie erzählt auch über ihre große Liebe zu Benedikt, ihrem Mann, mit dem sie 64 Jahre lang verheiratet war und vor allem zeigt sie, wie die Witwe mit dem „Heimweh“ nach dem Tod ihres Mannes umgeht. Rührend, wenn sie einen Hang hinaufgeht, um von dort zum Friedhof zu schauen und mit „Daddy“ zu reden, oder wenn sie ein Brettspiel herausholt, das Foto ihres Mannes aufstellt und „mit ihm“ spielt. Melancholisch wird es, wenn sie zu einem Musiktitel aus dem Radio in der Küche tanzt – so wie es das Ehepaar jahrelang getan hat.

Nur: Jetzt tanzt sie allein. „Meine Schwiegermutter zeigt, wie sie mit dem Verlust eines geliebten Menschens umgeht“, sagt Schauspieler Walter Sittler (Produzent und Ehemann der Regisseurin). Jeder solle und könne aber selbst seinen Weg finden, fügt er im anschließenden Publikumsgespräch hinzu, in dem etliche ZuschauerInnen über ihren Verlust der Eltern oder des Partners berichteten und sich für den Abend bedankten. Ein großer, berührender Film, der nachdenklich und gleichzeitig lebensbejahend stimmt.

Ein Besuch in der Kinothek lohnt sich doppelt. Kinobesitzer Ralf Helmreich wird den Film noch in den kommenden Wochen – dann ohne Beisein des Künstlerpaares – im Programm haben.  Infos auf: www.kinothek-stuttgart.com.   Text und Foto: Mathias Kuhn